Im Juni 2016 hat der österreichische Nationalrat einer von Familienministerin Sophie Karmasin initiierten Reform des Kinderbetreuungsgeldes zugestimmt.
Im März 2017 soll diese in Kraft treten und für alle Geburten ab diesem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können. Ziel der Reform waren vor allem mehr Partnerschaftlichkeit in der Erziehung sowie mehr Flexibilität und Fairness bei der Inanspruchnahme von Leistungen.
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Bisher stand Familien das Kinderbetreuungsgeld in vier Pauschalvarianten, abhängig von von er Bezugsdauer, zur Verfügung. Mit der Reform soll nun ein flexibles Kinderbetreuungsgeld-Konto eingeführt werden, das es möglich macht, die Dauer des Bezugs individuell nach den eigenen Bedürfnissen festzulegen.
Inhaltsverzeichnis
Das flexible Kinderbetreuungsgeld-Konto
Bisher wurde die Inanspruchnahme des Betreuungsgeldes durch einen Elternteil, plus eine mögliche Verlängerung der Bezugsdauer um einen festgelegten Zeitraum, in dem der andere Elternteil Betreuungsgeld in Anspruch nehmen konnte, berechnet. Hierbei standen vier Pauschalmodelle zur Auswahl:
- zwölf plus zwei Monate (1000 Euro/Monat)
- 15 plus drei Monate (800 Euro)
- 20 plus vier Monate (624 Euro) 30 plus sechs Monate (436 Euro)
- 30 plus sechs Monate (436 Euro)
Es war dabei nicht möglich, die Betreuungszeit flexibel aufzuteilen oder gar zu gleichen Teilen zu übernehmen. Dem zweiten Elternteil standen nur 2 bis maximal 6 Monate der Gesamtbetreuungszeit zu. Diese vier Pauschalmodelle sollen sollen nun von einem flexiblen Kinderbetreuungsgeld-Konto ersetzt werden. Das bedeutet, dass allen Beziehenden von Betreuungsgeld eine Gesamtsumme von maximal 15.499 Euro zur Verfügung steht, unabhängig von der Bezugsdauer.
Wann wird das Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt?
Die Auszahlungen erfolgen jeweils monatlich und können nicht als Vorschuss oder Gesamtsumme ausgezahlt werden. Je länger die Bezugsdauer, desto niedriger der entsprechende der Tagesbetrag. Ausgehend von der minimalen beziehungsweise maximalen Bezugsdauer kann der Tagesbetrag dabei 33,88 Euro nicht über- und 14,53 Euro nicht unterschreiten.
Die Bezugsdauer liegt bei zwölf bis 28 Monaten bei der Betreuung durch einen Elternteil, und bei 15,5 bis 35 Monaten bei der Betreuung durch beide Elternteile. Innerhalb dieser Parameter können kindergeldberechtigte Eltern die Dauer frei wählen und sich die Betreuung nach den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen aufteilen. Dies soll vor allem Müttern den früheren Einstieg ins Berufsleben erleichtern und die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung steigern.
Auch soll die Reform mehr Raum für Anpassungen und Veränderungen geben. Denn gerade innerhalb der ersten Monate nach der Geburt des Kindes kann sich viel verändern und unvorhergesehene Faktoren auftreten.
Bisher konnte man die gewählte Variante lediglich innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach der Antragstellung ändern. Mit der Reform kann die gewählte Bezugsdauer nun auch nach Ablauf dieser Frist einmalig angepasst werden. Der Antrag auf Änderung der Bezugsdauer kann noch bis zu drei Monate vor Ablauf der ursprünglich beantragten Anspruchsdauer eingereicht werden.
Der Partnerschaftsbonus
Zusätzlich wird mit der Reform ein Partnerschaftsbonus eingeführt, den Eltern dann in Anspruch nehmen können, wenn sie sich die Betreuung fair, also 50:50 oder 60:40 teilen – vorausgesetzt dass die Betreuungsdauer pro Elternteil jeweils mindestens 182 Tage (entspricht etwa 6 Monaten) andauern muss.
Dieser Bonus beträgt zusätzliche 500 Euro pro Elternteil, also ingesamt 1000 Euro. Inklusive Partnerschaftsbonus können Eltern also bis zu 16.449 Euro Betreuungsgeld beziehen. Diese Regelung gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare. Die Eltern können sich insgesamt maximal zwei Mal beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes abwechseln. Es sind insgesamt also maximal drei Bezugsphasen möglich.
Der Antrag auf den Partnerschaftsbonus kann gemeinsam mit dem Antrag auf Kinderbetreuungsgeld gestellt werden. Wurde dies versäumt oder verändern sich die Umstände, besteht allerdings auch die Möglichkeit, diesen Antrag noch nachträglich einzureichen. Ansprechpartner ist hierfür der Krankenversicherer, von welchem zuletzt Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde. Im Falle der späteren Antragstellung muss eine Frist von 182 Tagen nach Ablauf des letzten Bezugsteiles eingehalten werden.
„Familienzeit“ und Unterstützung für Alleinerziehende
Die Reform geht vor allem auf traditionellere Familienmodelle ein und setzt voraus, dass Beziehende von Kinderbetreuungsgeld mit dem Kind unter einem Dach leben. Sie bietet dabei jedoch mehr Anreiz für Väter, sich in die Kinderbetreuung einzubringen. Der reservierte Teil für den zweiten Elternteil – im Normalfall der Vater – in der Gesamt-Betreuungszeit wird von 16 auf 20 Prozent angehoben.
Um den Übergang in der Betreuung durch die beiden Elternteile zu erleichtern, ist es ab 2017 nun auch möglich, beim Wechsel der Betreuungsperson einmalig bis zu 31 Tage lang parallel Kindergeld zu beziehen und so eine sanftere Umgewöhnung für Eltern und Kind zu ermöglichen.
Es wurde zudem ein sogenannter „Papamonat“ eingeführt, der es Vätern innerhalb der ersten 91 Tage nach der Geburt erlaubt, 28 bis 31 Tage zu Hause bei der Familie zu bleiben. Sie erhalten hierfür einmalig einen Familienzeitbonus in Höhe von 700 Euro ausbezahlt. Diese 28 bis 31 Tage müssen ohne Unterbrechungen, also am Stück in Anspruch genommen werden. Es ist nicht möglich, sich die Gesamtzeit in mehrere kürzere Phasen aufzuteilen.
Der Bonus soll nicht zusätzlich zum Kinderbetreuungsgeld ausgezahlt werden, sondern wird auf das pauschale Kinderbetreuungsgeld angerechnet. Der erhaltende Tagesbetrag für die betreuuende Person wird also dementsprechend reduziert.
Die Reform in der Kritik
Als Ziele der Gesetzesreform gelten vor allem:
- Eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch mehr Flexibilität bei der Inanspruchnahme Kinderbetreuungsgeldes
- Eine vermehrte Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung und der Anzahl jener, die sich nach der Geburt der Familienzeit widmen
- Finanzielle Verbesserung für Alleinerziehende
- Anpassung an moderne Familienverhältnisse
Während Familienministerin Sophie Karmasin die Gesetzesvorlage als großen Fortschritt in der Familienpolitik lobt, wird sie insbesondere von der FPÖ, Grünen und den NEOS zum Teil stark kritisiert.
FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller bemängelt, dass vor allem Alleinerziehende und Eltern die sich für eine traditionellere Rollenaufteilung in der Kinderbetreuung entscheiden, von der Reform benachteiligt werden. Und auch die NEOS werfen der Koalition vor, dass das Reformpaket von einem überholten Familienbild ausgehe. Sie kritisieren dabei unter anderem, dass für einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und auf Karenz ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind Voraussetzung sei. Eine Trennung der Eltern müsse nicht unbedingt bedeuten, dass sich der Vater nicht an der Kinderbetreuung beteiligen wolle.
Insbesondere die Berücksichtigung von Alleinerziehenden steht stark in der Kritik. Es ist alleinerziehenden Eltern zwar möglich, das Kindergeld um 3 (statt wie bisher nur 2) Monate zu verlängern, dies allerdings nur in besonderen Härtefällen. Die Grünen fordern hier, alleinerziehenden Eltern pauschal zusätzliche Kinderbetreuungsgeld-Monate zu gewähren.
Die Grünen forderten unter anderem auch, für mehr Väterbeteiligung den für den zweiten Elternteil reservierten Anteil am Kinderbetreuungsgeld von 20 auf zumindest 30 Prozent zu erhöhen sowie Vätern einen Rechtsanspruch auf den „Papa-Monat“ zu gewähren. Leider besteht derzeit noch kein Rechtsanspruch auf den Familienzeitbonus. Um diesen in Anspruch nehmen zu können, muss sich zunächst der individuelle Arbeitgeber mit der einmonatigen Auszeit einverstanden erklären. Es besteht zudem bisher kein Kündigungsschutz während dieser Zeit.
Die Reform im Überblick – Kindergeldkonto neu
Das Bundesgesetz zur Neuerlassung eines Familienzeitbonusgesetzes sowie zur Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes u.a. wurde am 8. Juli 2016 im Bundesgesetzblatt I Nr. 53/2016 veröffentlicht. Inkrafttreten soll das Reformpaket ab 1. März 2017, und gilt damit für alle Kinder die ab diesem Zeitpunkt das Licht der Welt erblicken.
Inhalte:
- Wechsel von den derzeitigen vier Pauschalvarianten für die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes zu einem flexiblen Kinderbetreuungsgeld-Konto mit Pauschalbetrag
- Einführung eines Partnerschaftsbonus
- Einführung eines Familienzeitbonus
- Gleichzeitiger Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch beide Elternteile für bis zu 31 Tage möglich
- Verlängerung der Anspruchsdauer bei Härtefällen von zwei auf drei Monate
- Anhebung der Einkommensgrenze für den Anspruch auf Härtefälleverlängerung
Die Reform bringt deutliche Verbesserungen mit sich was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft. Sie bietet Eltern die sich die Betreuungszeit teilen wollen mehr Möglichkeiten, sich die Betreuungszeit flexibel und nach eigenen Bedürfnissen aufzuteilen. Im bisherigen System gaben die vier Pauschalmodelle Vätern keine Chance, 50 Prozent der Betreuungszeit zu übernehmen. Dies soll sich jetzt ändern und mit dem Partnerschaftsbonus finanziell noch zusätzlich belohnt werden.
Zudem macht die Aussicht auf einen Doppelbezug von Kinderbetreuungsgeld bei einem Wechsel der Betreuungsperson den Übergang für Eltern und Kind deutlich leichter. Auch die Möglichkeit, die Laufzeit einmalig anzupassen, ist eine Veränderung zum Positiven.
Die Einführung eines „Papa-Monats“ ist eine gute Idee, überzeugt jedoch leider nicht in der Umsetzung. Es besteht weder ein Rechtsanspruch noch besteht ein Kündigungsschutz während der Familienzeit, sodass Väter voll auf die Kulanz des Arbeitnehmers angewiesen sind.
Es mangelt der Reform vor allem an einem Mehr an Unterstützung für Alleinerziehende. Diese werden noch immer benachteiligt und es steht ihnen durch das Fehlen eines Partners automatisch eine kürzere Betreuungs-Gesamtzeit zur Verfügung. Zumindest die verlängerte Bezugszeit bei Härtefällen auf drei Monate sowie die Anhebung der Einkommensgrenze für den entsprechenden Anspruch sind jedoch ein Schritt in die richtige Richtung.
Das einkommensabhängige Kindergeld ist von diesen Änderungen nicht betroffen und bleibt in seiner bisherigen Form bestehen. Die Zuverdienstgrenze erhöht sich ab März 2017 von 6400 auf 6800 Euro pro Jahr. Insgesamt bietet das Reformpaket finanzielle Verbesserungen. Die finanziellen Unterschiede der früheren Pauschalvarianten aufgehoben.
Das Plus an Fairness und der Erfolg des Reformpaketes müssen sich jedoch erst zeigen. Diese werden stark davon abhängen, wie stark Väter auf die Möglichkeit auf längere Bezugszeiten und mehr Partnerschaftlichkeit in der Kinderbetreuung ansprechen werden. Zumindest bietet der Partnerschaftsbonus einen guten Anreiz und interessierten Vätern stehen mit dem flexiblen Konto mehr Optionen offen.
Quellen und Details:
https://www.meineuro.at/kinderbeihilfe-familienbeihilfe-kindergeld/
http://www.finanzer.at/kinderbetreuungsgeldkonto-kindergeldkonto-neu-ab-1-3-2017/
http://www.eltern-forum.at/ratgeber-news/kindergeldkonto-ab-2017-kinderbetreuungsgeld-neu/
http://www.foerderportal.at/kindergeldkonto-oesterreich/
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